- Priesching/Fleckenstein (Hg.): Lorenz Jaeger als Theologe (2019)
- Priesching/Otto (Hg.): Lorenz Jaeger als Ökumeniker (2020)
- Priesching/Kasprowski (Hg.): Lorenz Jaeger als Kirchenpolitiker (2021)
- Priesching/Pahlke (Hg.): Lorenz Jaeger als Seelsorger (2022)
- Priesching/Leniger (Hg.): Lorenz Jaeger als Person (2024)
Einsicht, Kritik und Skepsis
Die Projektleiterin Prof. Dr. Nicole Priesching, Inhaberin des Lehrstuhls für Kirchen- und Religionsgeschichte an der Universität Paderborn und seit 2017 Vorsitzende der Bistumskommission für kirchliche Zeitgeschichte, resümierte bei der Abschlusstagung des Projektes „Lorenz Kardinal Jaeger“, dass insgesamt 37 Autorinnen und Autoren in den fünf Bänden versammelt seien, mehrere Autoren gleich mit mehreren Beiträgen. Insgesamt umfassen die Tagungsbände 59 Beiträge. Im Hinblick auf das Forschungsprojekt und sein Ergebnis formulierte sie: „Lorenz Kardinal Jaeger war keine Lichtgestalt, auch wenn wir den Scheinwerfer mit unserem Projekt immer wieder auf ihn gerichtet haben.“ Die Theologin konkretisierte: „Für unser Projekt diente Jaeger in erster Linie als Sonde für größere kirchengeschichtliche Entwicklungen und Zusammenhänge. Damit fiel das Licht nicht nur auf ihn, sondern auf viele Menschen im Erzbistum Paderborn, ohne die sein Wirken nicht möglich gewesen wäre, sowie auf Strukturen. Aus unseren Fragen entstanden viel ‚Einsicht, Kritik und Skepsis‘“, zitierte sie den Kirchenhistoriker Joachim Köhler.
Die MHG-Studie mit dem Titel „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ aus dem Jahr 2018 habe zur Erkenntnis geführt, dass im „Jaeger-Nachlass“ das Thema Missbrauch überhaupt nicht vorkomme, erinnerte Professorin Dr. Priesching. Die Sichtung von Sonderakten im Erzbistumsarchiv habe dann zum Ergebnis gehabt, dass ein eigenes Projekt für die historische Aufarbeitung der Missbrauchsfälle im Erzbistum Paderborn initiiert wurde, das an der Universität Paderborn angesiedelt ist: Die Studie „Missbrauch im Erzbistum Paderborn – Eine kirchenhistorische Einordnung. Die Amtszeiten von Lorenz Jaeger und Johannes Joachim Degenhardt (1941 bis 2002)“ soll im Jahr 2025 erscheinen. Bei der Fachtagung zum Thema „Jaeger als Seelsorger“ im August 2021 sei mit dem Beitrag von Christine Hartig „Jaegers Umgangsweisen mit Missbrauchstätern: Seelsorge, Tätersorge oder Institutionenschutz“ verhindert worden, „was bisherigen Historikerinnen und Historikern bei Bischofsdarstellungen angesichts der Aktenaufbewahrung zum Thema Missbrauch stets passierte beziehungsweise geradezu passieren musste: Es kam nicht vor“, unterstrich Professorin Priesching
Viele Bischofsbiografien seien heute im Grunde einzustampfen, da das Thema Missbrauch mit keiner Silbe erwähnt werde und „die Betroffenen des Missbrauchs bisher keinen Platz in der Diözesangeschichte beziehungsweise in der Kirchengeschichte“ hatten, betonte die Vorsitzende der Kommission für kirchliche Zeitgeschichte im Erzbistum Paderborn. „Das wollen wir ändern und wir haben im Rahmen unseres Jaeger-Projektes bereits angefangen, das zu ändern. Langfristig wird es für Historikerinnen und Historiker darauf ankommen, keine Parallelgeschichten zu schreiben, sondern dieses Thema als Thema der Zeitgeschichte sowohl der Gesellschaft als auch der Kirche(n) zu etablieren. Der ungleiche Umgang mit Beschuldigten und mit Betroffenen gehört zu unserer Geschichte. Er gehört heute auch zum Bild von Lorenz Jaeger, der hier keineswegs ungewöhnlich gehandelt hat, weder im Vergleich zu anderen Bischöfen noch im Vergleich zu anderen Konflikten oder Problemfeldern in seinem Erzbistum.“