Im Jahre 2015 beauftragte Erzbischof Hans-Josef Becker die Theologische Fakultät Paderborn mit der Erstellung einer Studie. Erforscht werden sollte die Einstellung und Haltung des früheren Paderborner Erzbischofs und Kardinals Lorenz Jaeger zum Nationalsozialismus. Anlass für den Forschungsauftrag war die Diskussion um die Paderborner Ehrenbürgerschaft Jaegers. Prof. Meyer zu Schlochtern konnte jetzt dem Erzbischof und der Öffentlichkeit das Ergebnis präsentieren.
Schon mehrfach ist die Rolle des 1941 geweihten Erzbischofs im Nationalsozialismus heftig diskutiert worden. Seine Kritiker sehen in Lorenz Jaeger, der das Erzbistum bis 1973 leitete, u.a. einen von nationalsozialistischem Denken beeinflussten Verteidiger des Angriffskrieges gegen Russland. Einen letzten Höhepunkt erreichte die Auseinandersetzung um seine Person, als 2015 die Demokratische Initiative Paderborn (DIP) im Stadtrat den Antrag stellte, Jaeger aus der Liste der Ehrenbürger zu streichen. Der Antrag wurde damals mehrheitlich abgelehnt.
Unter der Federführung von Prof. Dr. Meyer zu Schlochtern erarbeiteten zehn Autoren und eine Autorin den jetzt erschienen Sammelband. Historiker und Theologen beleuchten darin aus unterschiedlichen Perspektiven Jaegers Biografie. Dabei fokussieren sie sich im Wesentlichen auf die Zeit während des Zweiten Weltkriegs sowie die unmittelbare Nachkriegszeit.
Im Unterschied zu früheren Untersuchungen stand den Wissenschaftlern der inzwischen vollkommen erschlossene Nachlass des Erzbischofs zur Verfügung.
Beteiligt sind an dem Werk die zwei Historiker der Universität Paderborn, Prof. Dr. Dietmar Klenke und Prof. Dr. Rainer Pöppinghege, sowie mit einem zentralen Beitrag der emeritierte Professor der Universität Vechta, Joachim Kuropka. Dieser hat sich sich intensiv mit dem Katholizismus in der NS-Zeit beschäftigt. Weitere Autoren sind Arnold Otto, Hans Walter Stork, Detlef Grothmann und Dina van Faasen, Bernd Heim und Burkhard Neumann.
Josef Meyer zu Schlochtern/Johannes W. Vutz (Hg.): Lorenz Jaeger – Ein Erzbischof in der Zeit des Nationalsozialismus, Münster 2020