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Kommission für kirchliche Zeitgeschichte im Erzbistum Paderborn
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© Georg Pahlke

In Memoriam Pater Joachim Schmiedl ISch (1958–2021)

von Gisela Fleckenstein, Speyer, Quelle: Schweizerische Zeitschrift für Religions- und Kulturgeschichte, 116. Jg. (2022), S. 515-521, Veröffentlichung mit freundlicher Genehmihung des Schwab-Verlages, Basel/Berlin

Pater Joachim Schmiedl trat 1977 in das Institut der Schönstatt-Patres ein und war seit 2001 bis zu seinem gänzlich unerwarteten Tod aufgrund eines Herz-Kreislauf-Versagens am Morgen des 10. Dezembers 2021 Professor für Mittlere und Neue Kirchengeschichte an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar (PTHV seit 8. Dezember 2021 Vinzenz Pallotti University).

Joachim Schmiedl wurde am 18. Dezember 1958 in Nürnberg als erster von zwei Söhnen geboren. Seine Eltern waren Elisabeth († 2010) und Franz Schmiedl († 2017). Sein Vater war Heimatvertriebener aus dem Sudetenland. Schon in seiner Nürnberger Heimatgemeinde St. Walburga engagierte sich Joachim Schmiedl, angeregt durch seinen Pfarrer Josef Mayer, der Schönstatt-Priester war, in der Schönstatt-Bewegung. Zeitlebens interessiert war der Fußballfan Joachim Schmiedl an den sportlichen Leistungen und Erfolgen des 1. Fußball-Club Nürnberg. «Der Club», wie der 1. FCN kurz genannt wird, verlangte als Fahrstuhlmannschaft seinem Fan viel Leidensfähigkeit ab. Nach dem Abitur am neusprachlichen Zweig des Willstädter-Gymnasiums in Nürnberg 1977 trat er ins Postulat des Säkularinstituts der Schönstatt-Patres ein. Dazu gehörte auch ein Irland-Aufenthalt, der auf die Internationalität des zukünftigen Lebens in dieser Gemeinschaft vorbereitete. Von 1978 bis 1980 absolvierte Joachim Schmiedl das Noviziat. Daran schloss sich unmittelbar von 1980 bis 1987 das Diplomstudium der Katholischen Theologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster an. Neben den exegetisch ausgerichteten Professoren Wilhelm Thüsing, Karl Kertelge und Erich Zenger, den Dogmatikern Karl Rahner, Herbert Vorgrimler und Peter Hünermann waren es vor allem die Professoren Erwin Iserloh und Arnold Angenendt – sein späterer Doktorvater –, die sein besonderes Interesse für Kirchengeschichte weckten und förderten. Direkt an sein Diplom in Theologie konnte sich ein Promotionsstudium bei Prof. Arnold Angenendt anschließen, welches Joachim Schmiedl mit einer Arbeit über «Marianische Religiosität in Aachen. Frömmigkeitsformen einer katholischen Industriestadt des 19. Jahrhunderts » abschloss. Bei seinen historischen Forschungen rückten die Ordensgeschichte und das Zweite Vatikanische Konzil und seine Wirkungsgeschichte immer stärker in den Fokus seines Interesses.

Sein Forschungsinteresse: Zweites Vatikanum und synodale Kirche

1998 erfolgte seine Habilitation an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster mit der Arbeit «Das Konzil und die Orden. Krise und Erneuerung des gottgeweihten Lebens» und die Ernennung zum Privatdozenten. 1998 nahm er, zunächst als Lehrbeauftragter, seine Dozententätigkeit für Kirchengeschichte an der PTHV auf. 2001 wurde er ordentlicher Professor für Kirchengeschichte an der PTHV und übernahm im Frühjahr 2009 die Aufgabe des Dekans der Theologischen Fakultät. Von 2017 bis 2020 war er Vorsitzender des Katholisch-Theologischen Fakultätentages, dem er seit 2007 als Mitglied des Beirates und von 2015 bis 2017 schon und seit 2020 wieder als stellvertretender Vorsitzender angehört hatte.

Sein besonderes Forschungsinteresse galt synodalen Themen wie z.B. in von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekten, wie «Das Zweite Vatikanische Konzil und seine Rezeption in der deutschen Kirche» (2009–2011) und «Mitteleuropäische Nationalsynoden in der katholischen Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil» (2012–2014). Seit 2013 war er Herausgeber der Reihe «Europas Synoden nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil». Mit großem Engagement war Joachim Schmiedl seit 2016 am interkontinentalen Projekt «Vatican II – Legacy and Mandate: Intercontinental Commentary of the Councilʼs Documents, their Reception and their Orientation for Church and Theology» beteiligt, welches bis 2024 projektiert ist. Dieses Projekt erfuhr in der Zeit der Corona-Pandemie ab Frühjahr 2020 eine intensive Bearbeitung, da sich die weltweit agierenden Teilnehmenden gehäuft in Online-Konferenzen trafen. Diese nahmen Joachim Schmiedl auch wegen der Zeitverschiebung häufig die frühen Tagesstunden in Anspruch.

Wissenschaftler und Seelsorger

Am 19. Juni 1988 empfing Joachim Schmiedl die Priesterweihe. Seine ersten Einsätze als Seelsorger – dies war er zeitlebens – waren von 1988 bis 1990 als Vikar in Oberndorf/Neckar (Diözese Rottenburg-Stuttgart) und von 1990 bis 1998 als Jugendseelsorger in den Diözesen Rottenburg-Stuttgart, Eichstätt, Aachen, Essen und

Paderborn. Sein 25jähriges Priesterjubiläum feierte Joachim Schmiedl auch im Rahmen eines Symposiums zum Thema «Wandlungen» am 6. Juli 2013 an der PTHV. Mit dabei waren u.a. die Professoren Arnold Angenendt und Peter Hünermann. Die Referate wurden in der Zeitschrift «Regnum» abgedruckt.

Das Priestersein gehörte zum Menschen Joachim Schmiedl unbedingt dazu. Daraus und aus seinem Gottesbezug und seiner marianisch geprägten Frömmigkeit resultierten eine positive und zuversichtliche Grundeinstellung zum Leben und zu vielfältigen Begegnungen mit ganz unterschiedlichen Menschen. Als Leitwort für seinen Nachruf hatte sein Provinzial P. Theo Breitinger ein Wort des Propheten Jeremia gewählt, was dies auf den Punkt brachte: «Ich habe Pläne des Heils, denn ich will euch Zukunft und Hoffnung geben» (Jeremia 29,11).

Engagement in seiner Gemeinschaft

In seiner eigenen Gemeinschaft, den Schönstatt-Patres, hatte er von 1998 bis 2001 die Aufgabe des Generalsekretärs inne. Im Jahr 2000 übernahm er das Amt des Geistlichen Assistenten des Schönstatt-Instituts der Marienbrüder. Schon seit 1997 arbeitete er mit im Team für die Führung des Seligsprechungsprozesses von Pater Joseph Kentenich. Seit 2003 war er Vize-Postulator im Seligsprechungsprozess für Josef Engling. Im November 2011 (bis 2014) wurde vom Trierer Bischof eine Historikerkommission für die Seligsprechung von P. Johannes Maria Haw ernannt, der neben Joachim Schmiedl, Gisela Fleckenstein und Martin Persch († 2013) angehörten. Seit 2017 war Joachim Schmiedl zweiter Vertreter der Schönstatt-Patres im Landespräsidium der Schönstatt-Bewegung Deutschland.

Von 1990 bis 2001 war er ständiger Mitarbeiter im Redaktionsteam der Monatszeitschrift «basis». Zu seinen wissenschaftlichen Aktivitäten innerhalb der Schönstatt-Bewegung gehörte ab 2002 seine Tätigkeit als Chefredakteur der Zeitschrift «Regnum. Schönstatt international – Reflexion und Dialog». Seit 2013 zeichnete Joachim Schmiedl für den Rezensionsteil der Zeitschrift «Ordenskorrespondenz. Zeitschrift für Fragen des Ordenslebens» verantwortlich. Die Fülle der von ihm selbst verfassten Besprechungen zeugt von seiner enormen Rezeption der einschlägigen Fachliteratur. Seit 2014 war er auch Mitglied im Redaktionsteam von «Diakonia. Internationale Zeitschrift für die Praxis der Kirche».

Ein Leben für die Geschichte und die Zukunft der Kirche

Joachim Schmiedl engagierte sich von 2015 bis 2017 als Delegierter im Gesprächsprozess der deutschen Kirche. Von 2012 bis 2016 war er Synodaler der Diözesansynode Trier, der ersten, die nach 1956 stattgefunden hatte, und seit 2020 Delegierter beim Synodalen Weg. Zu seinem breiten und vielfältigen Engagement gehörten u.a. die Mitgliedschaft in der wissenschaftlichen Kommission der «Kommission für Zeitgeschichte», Bonn (seit 2013), die Präsidentschaft der Deutschen Sektion der Europäischen Gesellschaft für katholische Theologie (2006–2015), der zweite Vorsitzende der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Mariologie (2002–2018), die Mitgliedschaft im Beirat der Görres-Gesellschaft (seit 2006), seit 2009 Herausgeber der «Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte» (20 Bände), die Mitgliedschaft im wissenschaftlichen Beirat von «Theologie im Fernkurs» (seit 2010), seit 2012 die Mitgliedschaft im wissenschaftlichen Beirat des Pius-Parsch-Instituts Klosterneuburg.

Von 1999 bis 2006 leitete er gemeinsam mit Gisela Fleckenstein den «Schwerter Arbeitskreis Katholizismusforschung» und ab 2001 zusammen den «Arbeitskreis Ordensgeschichte des 19./20. Jahrhunderts», der sich jährlich an der PTHV versammelte. Von 2002 bis 2018 war er korrespondierendes Mitglied der «Pontificia Academia Mariana Internationalis», Vaticanstadt.

Darüber hinaus engagierte sich Joachim Schmiedl auch immer in Projekten, wie beispielsweise zuletzt im biographischen Forschungsprojekt «Lorenz Kardinal Jaeger» der Kommission für kirchliche Zeitgeschichte im Erzbistum Paderborn. Noch vor seinem Tod gab er pünktlich zum Redaktionsschluss seinen Beitrag ab, der 2022 erscheinen wird. Die zahlreichen Publikationen von Joachim Schmiedl sind kaum überschaubar.

Verbindung von Wissenschaft und Glaube

Das Requiem für Joachim Schmiedl fand am 18. Dezember 2021 – seinem 64. Geburtstag –, in der Pilgerkirche in Schönstatt-Vallendar statt. Aufgrund der durch die Coronapandemie erforderlichen Einschränkungen konnten sich nur etwa 200 Personen in der Kirche versammeln. Das Requiem wurde von www.schoenstatt-tv.de live übertragen. Im Anschluss an den Gottesdienst, dem Provinzial P. Theo Breitinger vorstand, wurde Nachrufe vorgetragen von: Prof. Dr. Margit Eckholt (Projekt «Vatican II – Legacy and Mandate»), Prof. Dr. Paul Rheinbay SAC (Vincenz-Pallotti University), Prof. Dr. Dirk Ansorge (Katholisch-Theologischer Fakultätentag), Prof. Dr. Claus Arnold (Gesellschaft für Mittelrheinische Kirchengeschichte) und Prof. Dr. Joachim Söder (Josef-Kentenich-Institut). Für alle Teilnehmenden war beeindruckend, wie weit und vielfältig das Netzwerk von Joachim Schmiedl gespannt war. Die Beisetzung erfolgte im Anschluss auf dem Friedhof der Schönstatt-Patres auf Berg Sion.

Die ruhige, freundliche und zugewandte Art von P. Joachim Schmiedl werden alle, die ihn kannten, schmerzlich vermissen. Sein Provinzial formulierte im Nachruf: «Mit Pater Joachim Schmiedl verliert die Schönstatt-Bewegung eine Persönlichkeit mit großem historischen Wissen, die in beeindruckender Weise Wissenschaft und Glaube verbinden konnte und dabei einem sehr weiten Denken Raum ließ.» Die Kirchengeschichte verlor mit Joachim Schmiedl einen ihrer prominenten Vertreter und einen weltweit vernetzten Wissenschaftler, Mitarbeitende und Studierende an der Universität verloren einen engagierten und stets an ihrer Arbeit interessierten «Chef» und bei allen, die mit ihm in seinen zahlreichen Gremienfunktionen zu tun hatten, hinterlässt er eine große Lücke. Auch die Schönstatt Bewegung verdankt ihm viel bei der Aufarbeitung ihrer Gründungsgeschichte und wird ihn – gerade im 2022 ausgesetzten Seligsprechungsverfahren um P. Kentenich – als verlässlichen und unbestechlichen Forscher vermissen. Sein Professorenkollege an der PTHV, P. Paul Rheinbay sprach im Anschluss an den Gottesdienst: «Pater Schmiedl habe mit einer großen Zuversicht immer an die Kirche geglaubt, dass sie sich auch heutzutage durch die ihr innewohnende Kraft des Geistes verlebendigen und reformieren könne.» Requiescat in pace!

Quellen

Theo Breitinger, Ein Leben im Dienst der Wissenschaft – Wir trauern um P. Joachim Schmiedl, in: https://www.schoenstatt-patres.de/blogs/neuigkeiten/ich-habe-plane-desheils-denn-ich-will-euch-zukunft-und-hoffnung-geben (25. Juni 2022).

Historiker, Netzwerker, Inspirator – Requiem für Joachim Schmiedl, in: https://www.schoenstatt.de/de/news/5509/112/Historiker-Netzwerker-Inspirator-Requiem-fuer-Joachim-Schmiedl.htm (25. Juni 2022). Mit Video des Requiems.